Theodor Eichberger (1835-1917)


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CARL WALLAU,

Oberbürgermeister der Stadt Mainz

Ein Mainzer Bürger ist von uns geschieden,
Der auf der höchsten städt'schen Stufe stand;
Der Ersten Einer ruhet jetzt in Frieden,
Deß' Name wohl die Bürgerschaft gekannt;
Im vollen Streben, in der besten Kraft
Hat ihn der gier'ge Tod dahin gerafft.

Er hat gestrebt mit redlich festem Willen,
Und neues Leben uns'rer Stadt gebracht,
Ob manches sich auch anders mag erfüllen,
Als er sich's wohl als Ideal gedacht.
Ein's war's, was ihn dabei geleitet hat,
Der Glanz, die Größe uns'rer Vaterstadt.

Die uns so lang in Fesseln eng gehalten,
Die alten Festungswälle sind gesprengt
Und Mainz kann sich zur Blüthe neu entfalten,
Sofern das Schicksal es zum Guten lenkt;
Was er gewollt, es ist schon im Entsteh'n,
Obgleich er nur den Anfang konnte seh'n.

Wenn der Parteien Hader einst geschwunden
Und der Gemeinsinn wieder eingekehrt,
Dann mag ein späteres Geschlecht bekunden,
Daß das, was er half schaffen, sich bewährt'.
Und sollte Mainz in neuem Glanz gedeih'n,
Dann wird sein Name nicht vergessen sein. -

Doch nicht der hohen Stellung, die ihn zierte,
Und nicht dem Oberbürgermeistersrang:
Dem Mainzer, der einst mit Humor regierte,
Wenn froh vereint bei Wein und Liederklang
So recht erblühte Mainzer Fröhlichkeit,
Sei dies bescheid'ne Blatt zum Dank geweiht.

Wenn sich zum Carneval den frohen Schaaren
Die Hallen wahren Frohsinns aufgethan,
Da saß er selber gern in früh'ren Jahren
Als ächter Mainzer fröhlich obenan.
Drum sei ihm, der Humor und Witz gepflegt,
Ein Immortellenkranz auf's Grab gelegt.
Theodor Eichberger: Carl Wallau, Oberbürgermeister der Stadt Mainz.
In: Mainzer Schwewwel, II. Jg, Nr. 28 vom 15. Juli 1877

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