Theodor Eichberger (1835-1917)

Das Narrenreich [1875]

Mel.: Am großen Faß etc.

Auf stimmet an den Rundgesang
Vom ächten Narrenreich,
Mit Kapp' und Stern beim Becherklang
Da sind wir alle gleich!
Wir dreschen kein polit'sches Stroh,
Es steckt ja doch nichts drin!
Wir hegen lieber frisch und froh
:,: Dem ein'gen Narrensinn. Heidi heida :,:

Der Wirth soll unser Kanzler sein,
Der reinen Wein stets hält,
Das Wasser trinkt er selbst allein,
Wenn's ihm so gut gefällt.
Der Kriegsschatz 1 ruhe wohlversteckt
In Flaschen sonder Zahl,
Dann wählen wir den Wein direkt,
:,: Das gibt die schönste Wahl! :,:

Die Etikette stört uns nicht,
Ob gelb, ob schwarz, ob roth;
Wenn nur der Inhalt uns entspricht,
Dann hat es keine Noth!
Es bleibt die Farbe sich ganz gleich
Beim Menschen wie beim Wein,
Hat jeder nur das "rechte Zeug,"
:,: Soll er willkommen sein. :,:

Des Fortschritt's sei zuerst gedacht,
Er leuchte uns voran;
Wer in der Narrheit Fortschritt' macht
Der ist ein braver Mann!
Ein Demokrat der sei nicht gleich
"Reichsfeind" 2 von uns genannt,
Er sei der "Hecht im Karpfenteich"
:,: In unserm Narrenland. :,:

Dem Ultra schlagen wir's nicht ab
Der sich zu uns gesellt,
Wenn er nicht mit der Narrenkapp'
"Jenseits der Berge" hält! 3
Selbst Socialist und Communist
Sind nicht von uns verdammt,
Wir "theilen" wie es billig ist
:,: Die Narrheit insgesammt" :,:

Ist so das Narrenreich bestellt
Nach ächter Narrenweis',
Dann führt es uns zum Wohl der Welt
In's allerbeste Gleis.
Drum soll auch "Narrheit! Einigkeit!"
Auf jedem Sterne steh'n,
Dann wird stets voller Seligkeit
:,: Das Narrenreich besteh'n! :,: