Theodor Eichberger (1835-1917)


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Was wir lieben

Chorlied, gesungen in der Damensitzung des Mainzer Karnevalvereins
Mel.: Höher Peter

Der Freitag ist der Tag wo jedes Narren Herz erstarkt
Am Freitag aber ist - auch großer Wochenmarkt!
Madammen, Töchter, Küchenfee'n, die ganze Weiblichkeit
Rückt da zum Einkauf aus - schon beizeit!
Welch ein Handeln, Drängen, Schieben,
Billig 's beste zu ersteh'n;
Alles, alles was wir lieben,
Sorgt für unser Wohlergeh'n!

Radieschen, Böhnchen, Erbsen und Carotten, nebst Salat,
Auch Lauch und Sellerie - Kartoffeln und Spinat;
Tomaten, faule Käschen, Butter, Eier, frischster Art
Und Gänse, schlotterfett, - jung und zart;
Gurken, früh im Beet getrieben,
Welsche, Hahnen, Blumenkohl:
Alles, alles was wir lieben,
Wird gekauft zu unserm Wohl.

Das Rotkraut fest, die Spargeln blüthenweiß, dann sind sie fein!
Die Fische mancher Art, - gefangen frisch im Rhein!
Auch Stockfisch aus dem Norden, hier gewässert, ist beliebt,
Wenn's grad am Fasttag nichts - bess'res giebt;
Weißkraut, Zwiebeln, meist von drüben,
Hackeln selbst zum guten Brand:
Alles, alles was wir lieben,
Wird gewählt von zarter Hand.

Die Henkelkörbe schwer bepackt, macht's auch mitunter warm,
Und einen Blumenstock - dazu im einen Arm;
Obstkörbchen stolz m andern, hoch mit Himbeern angefüllt,
Pomonen gleich: welch ein - Götterbild!
Petersilie, Kraut und Rüben,
Wohl auch einen frischen Strauß:
Alles, alles was wir lieben,
Schleppt man sorgsam da nach Haus.

Die Jugend schreitet strebsam in der Küche noch voran,
Seit sich in unserm Mainz - die Kochschul' aufgethan,
Zu lernen, was dem Magen wie dem Gaumen lieb und werth,
Bestrebt am Küchentisch - wie am Herd.
Liebe Mägdlein, wollt euch üben,
Jedes werd' ein Kochgenie:
Sorgt für alles, was wir lieben -
Das ist Kochkunstpoesie!

Theodor Eichberger: Was wir lieben.
Chorlied, gesungen in der Damensitzung des Mainzer Carneval-Vereins zur Fastnacht 1899

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