Theodor Eichberger (1835-1917)


⌂ Hauptseite > Humorist > Mainzer Humoristen:

Bericht über die fünfte Tagfahrt von Gott Jocus edlem Volke am 1. Tage der Hornung 1878

Von Konrad Kraus

Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen!
Dideldum, dideldum, dideldum!

Und wieder beim fröhlichen Mahle
Da saßen im Adlon'schen Saale
Der Mannen wohl mehr als Tausend,
Erwartungsvoll trinkend und schmausend.
Und Jubel durchbrauste die Reihen,
Als kamen gegangen zu Zweien
Des närrischen Reiches Minister!
Ihr Kanzler? Ja richtig, da ist er!
Doch hat wohl der Haar' mehr als drei Er
Und jedesmal ist auch dabei Er
Wenn närrische Reichstägler tagen,
Ihn interpellirend befragen!
Dann wird er nicht eklich und krittlich,
Despotlich - wie Stein unerbittlich -
Nein! öffnet die Sitzung mit Witzen,
Mit kohligen, geistigen Blitzen,
Will leben und leben uns lassen,
Wenn mit ihm mal Einer will spassen,
Kommt gleich nicht ein "Antrag" gegängelt,
Wird nicht sofort "zeugengezwängelt!"
Doch still! Er spricht!
Sein Narrenlicht
Verkläret rings die Hallen,
Begeisterung bringt es Allen!
Er kündet uns mit seinem heit'rem Lachen:
"Wo Alles kracht - kann ich allein nicht krachen!
Und trotz der "dunkllen Unterwühlung"
Behalten wir gemüthlich Fühlung!"
(Und Ihr, die Ihr schnöd uns sprengen wolltet,
Aus dummer Ehrbegier, aus Neid - Ihr solltet,
Behagt's Euch nicht, hübsch draußen bleiben;
Auch ohne Euch geht unser Treiben!)
Weiter sprach ein edler Mund
Und gab uns die fröhl'che Kund'
"Narren, für den Fastnachtszug
Haben wir Geld und Leut genug!"
Ranzengarden, Türken, Russen,
Bauern, Bajazz', die sich stußen;
Alle kommen froh herbei,
Alle, Alle sind dabei!
Auch ein Gemäld' ward uns verehrt:
"Wie der Philister sich belehrt!"
Herr Skotti hat das Bild gemacht,
Hat's bis zum Narr'n noch nicht gebracht!

Lied Nummer Eins, trarra, trarra!
Verfasser 'raus! Er ist schon da!
Ja schon zu der Tribün' gelang er,
Der gute, närrische "Erlanger!"

Der letzten Sitzung Protokoll,
Der Sekretär "trägt auf die Roll'",
Der "Vice" dann philosophirt
Uns über'n Ehstand ungenirt,
Verfasser leider anonym,
Trotzdem ein "Bravo" bringt man ihm!

Ein Lied von Genée sang uns Bleicher,
Wie klang es zart, wie sang so weich er!
Da capo, Tusch, ein Ruf "heraus!",
Nie endenwollender Applaus.
Fünfzig Procent dem Sänger, wißt,
Fünfzig Procent dem Componist!

O Oelgrün, alter Schode du!
Hast du denn immer noch Ruh?
Do kimmt er mit sei'm Bensel her,
Molt Alles buntig, kreuz und quer.
Nimmt ohne Schonung Alles mit,
Wahrhaftig! 's is der Klingelschmitt!
Der Vortrag aus - der Gaul war alle,
Hot! wie gewöhnlich nit? gefalle.

Lied Nummer zwei, vom Narren Kötter,
Dann folgt er selbst als Mainzer Spötter.
Applaus und Tusch, wie's ihm gebührt. -
Ein andres Bild wird aufgeführt:

Rataplan, Rataplan,
Rataplan, plan, plan!
"Ich hatt' einen Kameraden,
Einen Besser'n find'st du nit -
"Der muß zwei Zentner wiegen,
Ein Faßreif ihn umbiegen!
O Ranzenbataillon,
O Ranzenbataillon!"
Gott Jocus einen Aufruf erließ,
Verbaliter: "An mein Volk" er hieß.
Da kamen sie alle angestiegen,
Die Graden und Krummen, sie mußten sich schmiegen.
Und schon - 's ist wirklich nicht erdichtet -
Sein "herrliches Kriegsheer" ist aufgerichtet!
Seh't diesen Krieger dort in Wichse,
Wie stramm, wie stolz trägt er die Büchse!
Wo solche Augen Feuer sprüh'n
Muß der verkomm'ne Erbfeind flieh'n!

Der alte Weiß
Auch etwas weiß;
Und war der Mann auch "uffgehetzt",
So hat's in Lachen uns doch versetzt!

Dann kamen die Herren Dremmel et fils;
Des "Alten" Lied gefiel gewiß
Und auch des "Jungen" Puppentheater
Zeugt sehr von dessen närr'scher Ader

Verwandlung! Bravo, heisassa!
Eichberger! Hei! Da ist er ja.
"Die Zeiten sind doch nicht so schlecht!"
Wahrhaftig nicht, da hatt' er Recht!
's lebt alles ja in Ueberfluß!
's ist viel zu gut noch, ohne Stuß!
Tusch und Jubel,
Klatschender Jubel,
Selten zu hörendes,
Sinnebethörendes,
Rasendes,
Blasendes,
Lüfte durchgellendes,
Trommelfellschnellendes,
Preußen trompetendes,
Schnarrendes, flötendes
Zimdadaradda,
Narrenhurrah!
Folgt diesen kohligen,
Schwewwelich wohligen,
Herzunsdurchdrungenen,
Ganz urgelungenen,
Prickelnden, stechenden,
Zwerchfell zerstechenden
Worten des Mannes,
Herrgott! Der kann es!

Dann kam ein anderer
Närrischer Wanderer
Aus "fröhlich Pfalz",
"Jocus erhalt's!"

Liedchen, das fünfte dann,
Brachte man an den Mann.
Lebt wohl, verstummet, süße Lieder,
Beim "Ruckel" sehen wir uns wieder!

Konrad Kraus: Heil sei dem Tag, an welchem du bei uns erschienen! Dideldum, dideldum, dideldum! Bericht über die fünfte Tagfahrt von Gott Jocus edlem Volke am 1. Tage der Hornung 1878.
In: Mainzer Narhalla-Zeitung Nr. 4 vom 8. Februar 1878, S.1

Seitenanfang
Portrait| Dichter| Humorist| Bildhauer
Seitenverzeichnis| Suche| Kontakt