Theodor Eichberger (1835-1917)


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Viersilbige Charade.

[29. Juli 1855]

Gar Mancher trauet Hab' und Leben
Der Ersten falschem Rücken an;
Die, freundlich lockend, sanft und eben,
Bald rast gleich einem Sturmorkan.
Dem Einen bringt sie Glück und Freude,
Dem Andern stummes Grabgeleite.

Die Zweite ist gar oft zu schauen,
Das Werk von fleiß'ger Menschen Hand;
Zur Sommertracht der Herren, Frauen,
Zum Hausgeräth wird sie verwandt.
Sie zeiget uns, obwohl im Kleinen,
Wie schön sich Nutz' und Zierde einen.

Die dritte Silb', so klein zu lesen
Kann doch von hoher Deutung sein,
Nur muß Betonung ihrem Wesen,
Gefühl, Empfindung, Werth verleih'n:
Dann wird der Silb' geheimes Klingen
Den tiefsten Herzensraum durchdringen.

Die Letzt' ist zweimal nur zu finden,
Im Nord' - im Süd', bei Schnee und Eis;
Kein Sterblicher kann je ergründen
Des hohen Schöpfers Wirkungskreis.
Ob aller Menschen Denken, Treiben,
Wird's doch ein ew'ges Räthsel bleiben.

Am Ganzen knacken drei Nationen,
Die Nuß ist aber fest und dicht;
Doch endlich muß das Knacken lohnen,
Wenn auch gar mancher Zahn zerbricht!
Man sagt: Wenn diese Nuß gesprungen,
Sei's mit den Andern all' gesungen.

Theodor Eichberger: Viersilbige Charade.
In: Mainzer Anzeiger Nr. 174 vom 29. Juli 1855, S. 694

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