Durch's Spundenloch.
Zum ersten Mal will ich es kecklich wagen,
Euch zu begrüßen mit
verrücktem Sinn.
Warum sollt ich denn im geringsten zagen?
Ihr
wißt ja alle, daß ich "Schwewwel" bin!
Zum ersten Mal
will ich mein Faß Euch zeigen,
Doch glaubt nur nicht, daß ich mich
drin verkroch;
Ich hause drin! und wunderbar entsteigen
Gestalten
sondrer Art dem Spundenloch!
Wenn einst Diogenes, der alte Knabe,
Im leeren Faß nur schales
Wasser trank,
Ist mein's gefüllt mit edler Bachusgabe
Und ist
bekränzt mit lust'gem Rebgerank!
Die Thyrsusstäbe halt ich hoch
in Ehren,
Die besten Scepter scheinen sie mir doch;
Wir brauchen
mehr, als alte Weisheitslehren
Aus einem allzeit trocknen Spundenloch!
Mein Faß läßt Euch die Welt im Kleinen ahnen,
Worin der Menschengeist
als Wein sich zeigt,
Doch treibt er manchmal wunderliche Kahnen,
Wenn er empor zur Oberfläche steigt;
Ihr seht sie ja, wie sie dem
Faß entschweben,
Schwerkeuchend unter dem Philisterjoch!
Sie
sollen Euch ein kleines Pröbchen geben,
Drum schick' ich sie zum
Spaß durch's Spundenloch!
Natürlich ändert's nicht das tolle Treiben,
Der Heuchler prangt
doch noch im frommen Schein,
Der Schwindler wird doch stets ein
Schwindler bleiben
Der Geizhals wird auch ferner geizig sein
Und erst die hohen Herrn, die Diplomaten,
Und jeder, der nur jemals
Pulver roch,
Die lassen von mir Schwewwel sich nicht rathen,
Eh' geh'n sie allesammt durch's Spundenloch!
Was thut's? Herbei Ihr wackeren Gesellen,
Herbei Satyre, daß
Dein Witz erklingt;
Du närr'scher Schalk, laß tönen deine Schellen,
Indeß Humor dazwischen lustig klingt!
Und wenn's zuweilen in den
Saiten rauschet,
Dann hört Ihr auch ein sinnig Lied wohl noch;
Ich bin zufrieden, wenn ihr gerne lauschet
Und rufe Euch, zum Gruß,
durch's Spundenloch:
Schwewwel.
In: Mainzer Schwewwel. Lyrisch-satyrisch-humoristisch-undsoweiterisches Tageblatt. I.Jg., Nr. 1 vom 1. Oktober 1876, S.1