Theodor Eichberger (1835-1917)


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Allerlei Feiertagsgedanken.

Die Kinder.

Wir Kinder freu'n uns auf die Osterfeier,
Da legt der Osterhase bunte Eier;
Nur schade, daß die dummen Hasen pflegen
Die meisten in die "Gutsläden" zu legen!
Wir sehn sie in den Schaufenstern wohl prangen,
Doch schöner wär's, wir könnten sie erlangen.

Die Reichstagsmitglieder.

Gottlob! Jetzt ruhen wir die Feiertage
Von den Strapazen ein'ger Wochen aus!
Ist auch nicht so erquicklich unsre Lage
Und schickt man uns vielleicht bald ganz nach Haus,
Schiebt unsre Auflösung sich ohne Frage
Durch's Osterfest doch ein'ge Zeit hinaus!

Der Tourist.

Zwei Feiertage! Die will ich genießen,
Erfrischung suchend, draus in Wald und Flur,
Wo jetzt des Lenzes erste Blüthen sprießen,
Drum mach' zu Fuß ich eine weite Tour;
Wenn Sinn und Auge sich am Frühling laben,
Da sollen auch die Beine etwas haben.

In der Blumen-Ausstellung.

Wo kaum vorüber jetzt der öde Winter,
Sieht man in voller Pracht hier Flora's Kinder,
Und nicht nur seh'n, man kann sie auch gewinnen!
Wer wollt' bei diesem Glücksspiel sich besinnen?
Wem solche schönen Kinder hold, sich bieten,
Der ist gewiß mit seinem Loos zufrieden.

Der Soldat.

's wird allens jetzt jewichst un blank gemacht,
Im Helm werd' ick am Feste paradiren;
Die blanken Knöppe funkeln - 's is ne Pracht;
Wat wird die Rieke neben mich stolziren!
Hätt' ick nur in der Tasche ooch wat mehr
Von blanken Knöpp' - dat freute mir gar sehr.

Die Musiker.

Wär'n erst vorüber diese Feiertage!
Sie sind für uns wahrhaftig eine Plage.
Wir sollen da recht fleißig musiciren,
Daß andre Leute hübsch sich amüsiren!
Nur der Gedanke macht uns heitre Mienen,
Daß spielend wir doch Geld dabei verdienen.

Das Fahrpersonal der Bahnen etc.

Wir sind die immerfort geplagten Leute:
Und haben nicht den höchsten Festtag frei!
Wenn Andre lustig fahr'n zur Festesfreude,
Dann schaffen wir und halten still dabei!
Strömt Alles froh hinaus in hellen Schaaren,
Dann lassen wir geduldig Alles fahren.

Der Zeitungs-Redakteur.

Das nächste Blatt erscheint erst übermorgen,
Da ist der erste Feiertag ganz mein!
Brauch' nicht ins Bureau, um für "Stoff" zu sorgen.
Wie selten stellt so'n Feiertag sich ein!
"Der Mensch ist frei", so thät wohl. Schiller sagen;
Der Redakteur ist's nur an hohen Feiertagen.

Theodor Eichberger: Allerlei Feiertagsgedanken

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