Theodor Eichberger (1835-1917)


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Herrmann und Auguste.

Andenken an H. A. und A. H.

Die heilige hohe, die göttliche Lieb'
Noch ist sie der Erd' nicht entschwunden!
Noch waltet der edele himmlische Trieb,
Noch hält er die Herzen verbunden.
Die Liebe und Treue, sie bindet nicht heut':
Sie dauern und grünen in ewige Zeit.

Sanft glühte in Augusten's unschuld'gem Gemüth
Das Feuer der Liebe, der reinen;
Sie, gleich einer Rose zur Jungfrau erblüht,
Sie wollte bald lachen, bald weinen;
Und immer in seliger wonniger Lust
Durchwogten ihr süße Gefühle die Brust.

Und Herrmann, er liebt sie so innig und wahr,
Er ist ihr so gänzlich ergeben.
Er bietet die männliche Rechte ihr dar
Als schützende Hand durch das Leben.
Und Auguste, sie reicht dem Geliebten die Hand,
Und träumt von der Liebe holdzaubrischem Land.

Schon ist er bestimmt, der festliche Tag
Der Beide soll ewig verbinden;
Die Myrthe geflochten, am bräutlichen Tag
Die Locken der Braut zu umwinden.
Die Eltern, sie sehen mit inniger Freud'
Das Glück, das die Liebe dem Paare jetzt beut.

Doch treulos ist Glück! Und des Geisterreichs Macht
Gewähret nicht Schonung, Erbarmen.
Es nahet der Braut sich der Engel der Nacht,
Erfaßt sie mit eisigen Armen.
Die sterbliche Hülle bezwinget der Tod -
Der Geist folgt des ewigen Vaters Gebot.

Wer kann wohl den Schmerz über diesen Verlust,
Den Harm des Geliebten beschreiben!
Die Welt ist ihm todt und verödet die Brust,
Das Dasein gezwungenes Bleiben.
Die Eltern, der Tochter mit Schmerz eingedenk,
Sie weih'n ihr ein Denkmal als letztes Geschenk.

Es hatte der Winter in eis'ges Gewand
Die Wälder, die Fluren gehüllet.
Doch einzig am Grab der Geliebten empfand
Nur Herrmann die Schmerzen gestillet.
Da pilgert er hin, trotz der Kälte, trotz Eis
Und fleht um Erlösung so innig und heiß.

Der Vater dort oben erhörte sein Flehn,
Er schenkte ihm Ruhe und Frieden;
Als milder begannen die Lüfte zu wehn
War Herrmann von Erden geschieden.
Sanft schloß er die Augen mit Heiterkeit zu,
Der Leiden enthoben zur ewigen Ruh'.

Dort oben zum seligen himmlischen Chor,
Wo Geister sich ewig vermählen,
Schwang sich die entfesselte Seele empor -
Entflohen dem irdischen Quälen.
Und dorten vereinigt durch heiligen Trieb
Sind Herrmann - Auguste in Treue und Lieb'.

Theodor Eichberger: Herrmann und Auguste. Andenken an H. A. und A. H.
In: Mainzer Anzeiger Nr. 71 vom 27. März 1855, S. 281

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