Theodor Eichberger (1835-1917)


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Schwewwel auf dem Kriegs-Schauplatze (II.)

(Original-Bericht von unserem Kriegs-Reisenden.)

[Von Th. Eichberger]

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Wanns-Wohris bei Suchum-Kaleh

Die vielsagende Persönlichkeit, welcher ich in meinem Schreiben aus Glaabsnor erwähnte, war niemand anders, als ein geh. Cabinetscourier an Sr. Majestät den Sultan. Er sauste in fliegender Eile in der Richtung nach Konstantinopel und donnerte mir nur, als er mich erkannte, das eine Wort zu: "Batum!" - Ich wußte genug und verlegte sogleich mein Hauptquartier nach Lüjed-Eiwel in der Nähe von Batum, um die gemeldete Schlacht in möglichst ungefährlicher Nähe zu sehen. Leider hatte ich mich getäuscht, denn als ich im "Sunne-Hotel", einem von Gelehrten, Literaten und Künstlern besuchten Vergnügungsort, abstieg und dem Wirth ein siegestrunkenes "Esmid Batum" zurief, erwiderte er lächelnd in seiner freundlichen, leutseligen Weise: "Dmschus! Batschul!" was aus der Lokalsprache in's Deutsche übersetzt ungefähr heißt: "Nix nutz! Alte Hüt'!" Er hatte Recht, denn in demselben Moment ertönten aus der gegenüberliegenden türkischen Kaserne gewaltige Trompetenstöße. Ein martialischer Trompeter betrat die Straße und trompetete den Land- und Seesieg von Suchum-Kaleh in die Welt hinaus. Batum war bereits veraltet.

Die Aufregung über diesen neuen Sieg der Türken war ungeheuer. Ein wohlgenährter Berliner Berichterstatter, welcher in neuester Zeit mit den Russen sympathiesirt, weil dieselben das ultramontane schwarze Meer "runterkriegen" wollen, mußte sich's gefallen lassen, daß ihm ein, auf seinen baumwollenen Regenschirm gestützter, englischer Reporter höhnisch zurief: "Nanu?" Einen Nachkommen jener tüchtigen Matrosen, welche den verflossenen Ruhm Englands bilden, begeisterte die Nachricht zu rumvollen Thaten und er versicherte Jedem, der es hören wollte, daß er's noch zum türkischen Vice-Admiral bringen würde. - Für mich war, der Concurrenz wegen, an diesem Platze kein Geschäft, und ich machte mich auf, da mein Musterkoffer noch gepackt war, um Suchum-Kaleh aufzusuchen. Da ich aber auf dem Landwege die türkischen und russischen Vorposten hätte passiren müssen, so wählte ich das schwarze Meer um hinüber nach Rußland zu schiffen, wobei ich die Bemerkung machte, daß es eigentlich nicht so schwarz ist, als sein Ruf. Es war keine unnöthige Vorsicht, daß ich, um den vielen russischen Torpedöser auszuweichen, allein in einem neutralen Einmaster fuhr, denn ich lief glücklich in der Bucht von Wanns-Wohris ein und war im Lande der russischen Freiheit und Cultur!

Das Erste, was ich bemerkte, war ein dem Todtschießen glücklich entgangener russischer Armeelieferant, der anscheinend ein recht glattes Geschäft gemacht hatte. "Der Krieg hat auch sein Gutes", sagte der würdige Mann und eilte in ein anderes Land, um auf einem besseren Schlachtfelde neue Siege zu feiern.

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Theodor Eichberger: Schwewwel auf dem Kriegs-Schauplatze. [II. Suchum-Kaleh]
In: Mainzer Schwewwel, II. Jg, Nr. 21 vom 27. Mai 1877

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